Wir sprachen anfangs Jahr ja bereits einmal über die Dinge, um die uns hier keiner beneidet. Davon gibts auch nicht allzu viele. 🙂 Aber so ein richtiges Prachtsexemplar haben wir (hoffentlich!) gerade hinter uns: Der grosse Regen!
Vor dem Besuch unserer Lichtzaubererinnen Helene und Tabitha hatten wir aufgrund der konstant nassen Wetterprognosen ja bereits kleinere Sorgen, dass die Fotoreise der beiden zu einem nassgrauen Desaster werden könnte. Doch das hat sich glücklicherweise – wie das hier öfters passiert – im letzten Moment zum (sonnigen) Guten gewendet.
Es wird spekuliert, dass sich im Gepäck der beiden bei ihrer Abreise nicht nur einige hundert Fotos befanden, sondern auch das super sonnige andalusische Winterwetter, wie wir es letztes Jahr kennenlernen und geniessen konnten. Denn mit der Heimreise der beiden verliess uns die Sonne. Und der grosse Regen kam.
Dies in altvertrauter, bester schweizerischer Manier: es «seichte» tagelang, was der Himmel irgendwie hergeben konnte. Literweise. Eimerweise. Stauseenweise (Patric hat kürzlich einen gefunden, welchen er bis anhin nur als «hübsches wildes Naturtal» kannte).
Anfangs nahmen wir es noch mit Humor – die Andalusier freuten sich sichtlich über das Wasser (verkrochen sich aber bis auf weiteres grossmehrheitlich in ihren Häusern), welches das Land dringendst nötig hatte. Bei so einem Gespräch wurde uns mit flauem Gefühl im Bauch bewusst, dass 2017 im Februar das Gras bereits kniehoch stand, während es in diesem Jahr zur selben Zeit gerade erst richtig zu spriessen begann. Wohl kaum ein Schweizer nördlich des Gotthards hat sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, ob wohl Gras wachsen würde… Hier realisiert man dann, dass saftige Wiesen alles andere als selbstverständlich sein können.
Also haben wir genickt, zugestimmt und uns mit den Spaniern über den Regen gefreut. So etwa für die ersten fünf oder sieben Tage. Weil danach hört das ja bestimmt wieder auf, und die sonnigen neun Monate ziehen ins Land! – Dachten wir.
In der Folgewoche schüttete es genauso weiter wie in der Woche davor. Und gemäss Wetterprognose war auch keine Änderung in Sicht. An sich wäre das durchaus zum Aushalten, als leidgeprüfter Schweizer Auswanderer sitzt man zwei Regenwochen ja locker aus. Aber da waren noch unsere Pferde. Deren Auslauf verwandelte sich in einen Wellnesstempel mit Schlammbad und Kneippstrecke. Er war trockenen Fusses nicht mehr zu bewältigen. Den Pferden ging’s ähnlich, und immer öfter blieben sie am Eingang stehen und wollten partout nicht auf den sonst so geschätzten «Spielplatz» zu ihren durchnässten Seepferdchenfreunden.
Dies wurde ihnen allerdings immer erst bewusst, wenn wir unten vor der Schlammpiste standen. Zuvor in der Box sah das noch anders aus, denn 24 Stunden im Betonhäuschen sind ja nun auch wieder nicht ganz das Vergnügen für so ein Pferd. Also haben wir für unsere Buddies unser Bestes gegeben: Regenmäntel und Gummistiefel (soweit vorhanden) montieren, Hut aufsetzen und die eingeweichten Ställe (Vordächer gibts hier nicht) reinigen. Beim Leeren der Mistkarre mit viel Glück möglichst nicht im Mist(-Matsch)haufen landen und anschliessend mit den Vierbeinern bei strömendem Regen eine Runde spazieren gehen.
Spaziergänge mit Pferd sind hier so eine Sache: die Anzahl der mittellangen Routen ist nicht gerade luxuriös. In der Regenzeit fiel Route um Route aus: die eine wegen nassen Pflastersteinen (slippery when wet), die nächste wegen überaktiver Prozessionsspinnerraupen.
Zugegeben: der Sadist in mir hoffte ja, dass die netten Tierchen bei dem vielen Regen wenigstens ersaufen. War leider gar nicht der Fall. Im Gegenteil: sie konnten von ihren Wanderungen überhaupt nicht genug bekommen und bevölkerten unsere verbliebenen Spazierrouten in ungeheurer Anzahl. Fazit: minus zwei Routen wegen Raupenmassentourismus.
Eine weitere nette Runde versank im Schlamm. Bei der fünften strandeten wir vor einer überschwemmten Unterführung. Blieb noch die Kurzversion (unsere «Verlegenheitslösung») unten durch den Tajo, wenigstens bis zu den Pflastersteinen… Mit Regenschirmen und zwei semi-motivierten Pferden ausgerüstet, machten wir uns vergleichsweise frohen Mutes auf den Weg durch das Tal. Bei der Brücke, welche uns über den inzwischen stattlichen «kleinen» Fluss bringen sollte, war dann vorzeitig Endstation: diese stand komplett unter Wasser, respektive mitten im reissenden Strom des tosenden Flusses.
Zu erwähnen noch: unsere Schuhe und Kleidung waren spätestens nach dem Balanceakt auf dem Miststock immer durchnässt. Und anschliessend daheim kaum mehr trocken zu bekommen für die neue Runde Regentanz am folgenden Tag. Wir zogen alle Register, sprich: jedes verfügbare Paar Schuhe, jede halbwegs wärmende und mit etwas Glück sogar wasserdichte Jacke wurde in Betrieb genommen. Mit gleichbleibendem Ergebnis: es kam patschnass nach Hause und wurde nicht mehr trocken.
Auch sonst hatte das Wasser interessante Folgen: Rondas Strassen und Läden waren praktisch menschenleer. Auf den Strassen vor den Abfalleimern sammelten sich haufenweise verunglückte Regenschirme. Von der Felswand über dem Stall fielen Steine. Zuerst kleinere Stücke, dann gelegentlich mittlere Brocken. Eines Morgens war die Strasse zum Stall von einem kleineren Felssturz überschüttet. Tolles Gefühl, wenn man da unten seine Pferde stehen hat und täglich mehrere Stunden da verbringt…
Die Strassen sind sauber wie noch nie. Es hat allerdings neue Schlaglöcher gegeben. Strassenschilder fallen reihenweise um, weil die Betonsockel unterspült werden und sie ihren Halt verlieren. Manche Nebenstrassen/Feldwege gibts nicht mehr (weil in den Abgrund gerutscht). Aus Wegen wurden Flüsse. Von unserem Haus blättert schichtweise die Farbe ab. Unsere überdachte und geschlossene Garage war zeitweise komplett nass – keine Ahnung, woher das kam. Joggen fiel buchstäblich ins Wasser… ich bin da grundsätzlich hart in Nehmen und es darf gern mal ein wenig regnen. Aber nach den täglich nassen Füssen bei den Pferden, konnte ich mich für glitschige Lehmwege und erneut durchnässte Schuhe nicht mehr begeistern.
Nach zwei durchregneten Wochen besserte sich die Lage ein wenig. Der Regen wurde immerhin andalusisch-normal. Das heisst: das Wetter-App spricht von Regen und ein- bis zweimal täglich findet der vermutlich auch statt. Aber eher als Nieselregen oder «netter Sommerregen» anstatt Sintflut. Und dazwischen gibts blauen Himmel mit hübschen Wolken. Oder es ändert sich kurzfristig komplett doch noch zu «sonnig»!
Es folgten weitere zwei Wochen Regenwetter, in analusischer Form. So ganz stabilisiert hat sich die Lage noch nicht. Nächste Woche verspricht die Wetter-App bereits wieder mehrere aufeinanderfolgende Regentage. Hoffen wir mal, dass es doch noch anders kommt!